Neue Zürcher Zeitung Dienstag, 26. Juni 2001

«Fisch ist gesund»

Omega-3-Fettsäuren schützen die Gefässe

Fischessende Populationen wie z. B. Grönland-Eskimos oder Inselbewohner erleiden seltener einen Herzinfarkt als Bevölkerungsgruppen, bei denen Fisch nur selten auf den Tisch kommt. Schon früh hat diese Tatsache das Interesse zahlreicher Forscher geweckt. In den vergangenen 50 Jahren sind denn auch mehrere tausend Publikationen zum Thema «Fisch und Gesundheit» publiziert worden, wobei immer wieder die günstigen Auswirkungen eines regelmässigen Fischkonsums auf das Herz-Kreislauf-System betont wurden - in der oft zitierten holländischen «Zutphen-Studie» beispielsweise hatten diejenigen Versuchspersonen, die täglich mindestens 30 Gramm Fisch assen, eine um 50 Prozent verminderte «kardiovaskuläre» Mortalität.

Verbesserte Funktion der Zellmembranen

Durch den häufigen Verzehr von Fisch - insbesondere fettem Fisch - werden beträchtliche Mengen sogenannter mariner Omega-3-Fettsäuren aufgenommen, vorab die Eicosapentaen-Säure (EPA) und die Docosahexaen-Säure (DHA). Dem Herz-Kreislauf-System besonders zuträglich scheint der Einbau dieser Fettsäuren in die Zellmembranen zu sein, deren Funktion dadurch optimiert wird. Verschiedene Abbauprodukte von EPA und DHA mildern zudem Entzündungsreaktionen, hemmen die Verklumpung der Blutplättchen, wirken sich günstig auf die Verteilung der Blutfette aus und können, so haben neuere Studien ergeben, sogar gefährlichen Herzrhythmusstörungen im Rahmen eines Herzinfarktes entgegenwirken.

Omega-3-Fettsäuren finden sich vornehmlich in Kaltwasserfischen wie beispielsweise Lachs oder Hering, wobei deren Gehalt saisonal in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, vorab der Zusammensetzung der Nahrung, variiert. Auch Leinsamen sind reich an - im Vergleich zu den marinen Omega-3-Fettsäuren allerdings «kürzer-kettigen» - Omega-3-Fettsäuren. Da kaum jemand grosse Mengen an Leinsamen verzehren will, wird seit einiger Zeit versucht, diese Fettsäuren auf indirektem Weg verfügbar zu machen: Verfüttert man Hühnern Leinsamen, legen diese sogenannte Omega-3-Eier, die als Alternative zu Fisch angepriesen werden. Auf Grund des unterschiedlichen Fettsäure-Musters des Leinsamen-Öls entsprechen solche Eier allerdings nicht einem «Fisch im Ei».

Besser irgendein Fisch als gar kein Fisch

Die möglichen gesundheitlichen Effekte von Omega-3-Fettsäuren - vorab die Verminderung der Sterblichkeit auf Grund von Herz-Kreislauf-Krankheiten - sind so vielversprechend, dass der regelmässige Genuss von Fisch heute wohl zu Recht empfohlen wird. Zwar scheint fetter Meerfisch das kardiovaskuläre Risiko in grösserem Ausmass zu senken als «magerer» Fisch. Doch auch fettarme Fischsorten wie Kabeljau oder Schellfisch werten die Ernährung auf. Allerdings verändern gewisse Herstellungsmethoden die Zusammensetzung von Fischprodukten stark - so enthält verarbeiteter Fisch z. B. in Form von «Surimi» kaum mehr EPA und DHA.

Paolo M. Suter, Privatdozent für Innere Medizin an der Universität Zürich und Leiter der Hypertonie-Sprechstunde der Medizinischen Poliklinik des Universitätsspitals.

Top